Brot für das Leben der anderen

21.06.2025 | Geistlicher Impuls von Präses Christoph Wittmann

An Fronleichnam haben sich viele Kolpingsfamilien an den Prozessionen beteiligt – im Vorfeld beim Schmücken und Vorbereiten der Altäre, währenddessen mit ihren Bannern, in Musikgruppen, als Lektoren, Beterinnen und Beter. Vielleicht sogar noch im Nachhinein in der Essens- und Getränkeausgabe. Der Kolpinger und die Kolpingerin sind schließlich vielfältig einsetzbar und „Multitasking-fähig“.

Am Fronleichnamsfest ist mir in diesem Jahr bewusst geworden, welchen großen Schatz wir in diesem Fest haben, an dem wir den „Leib Christi“ durch die Straßen unserer Ortschaften und Städte tragen. Es ist, als würden wir Jesus zeigen, wo wir leben, nach dem Motto: du kennst es ja schon, aber schau hin. Und schau über unsere schönen Gewänder und schmucken Häuserfassaden vor allem auf unsere Not und unser Elend. Schau in unsere offenen Herzen und klaffenden Wunden, hab Verständnis für unsere Schwächen, unsere Ängste und unsere Zweifel.

Dann ist das Fest aber auch ein Zeugnis für die anderen: schaut, wir haben uns herausgeputzt und zeigen euch unsere Vielfalt an Gruppen, die unterschiedlichen Glaubenszugänge und Spiritualitätsformen, die Vielfalt unserer katholischen Kirche. Und es dürfen alle mit, es kann sich jeder anschließen, die Prozession ist öffentlich und offen und bietet Platz für alle!

In der Mitte: ein Stück Brot. Und würden wir den Leib Christi nicht in ein kostbares Gefäß fassen, mit dem Tragehimmel überspannen und mit vielen kerzen- und weihrauchtragenden Ministranten hervorheben, man würde ihn gar nicht bemerken.

Genau das ist das Geheimnis dieses Sakramentes: so unscheinbar und unauffällig Jesus Christus selber ist, so treu und beständig ist sein Dasein in unserer Welt, in unseren Ortschaften, in unserem Alltag.

Aber noch etwas ist mir bewusst geworden: in der der Prozession vorausgehenden Eucharistiefeier wie in allen sonn- und werktäglichen Messfeiern dürfen wir dieses Brot zuerst selber empfangen, essen, in uns aufnehmen. Und die Wandlung betrifft nicht nur Brot und Wein, sondern auch uns. Wir werden verwandelt zum Leib Christi. Wir sind die lebendigen Monstranzen, in denen Jesus zu den Menschen kommt.

Für mich ist es ein erhebendes Gefühl, wenn nach einem langen Prozessionsweg in der Hitze des Tages das Fest mit einem schmetternden „Großer Gott, wir loben dich“ endet. Das Herz springt vor Freude und es überkommt mich dann doch so ein gewisser Stolz: „Ist es nicht schön, katholisch zu sein?“

Aber das Fest ist nicht zu Ende! Was für eine schöne Tradition, wenn es möglich ist, noch zusammen zu bleiben, den Frühschoppen zu genießen, ein kühles Getränk und eine stärkende Brotzeit. Und über das Erlebte zu reden, über so manche Panne zu lachen oder sich auszutauschen über die verschiedenen Trachten der verschiedenen Gruppen.

Und wieder ist Jesus Christus in unserer Mitte – in uns, durch uns und mit uns – weil wir „Leib Christi“ sind, Brot für die anderen, mit denen wir das teilen können und dürfen, was wir sind und haben, so dass sich viele nähren können und satt werden.

Präses Christoph Wittmann
Der Blumenteppich der Kolpingsfamilie Erding aus dem Jahr 2023, anlässlich des 170. Gründungsjubiläums.