Streiflichter eines Partnerschaftsbesuchs
Eine achtköpfige Delegation aus dem Erbistum München und Freising besuchte mit Reinhard Kardinal Marx das Partnerland Ecuador. Präses Christoph Wittmann war als Vertreter des Kolpingwerkes einer der Delegierten. In einigen Streiflichtern berichtet er über seine Erfahrungen.
Erste Eindrücke
Meine erste Reise nach Südamerika war ein spannendes Erlebnis, vor allem in Hinblick auf Menschen, Kultur und Vegetation. Der Ausblick auf die Vulkane, die die Hauptstadt Quito umgeben, das Landen auf 2850 Metern Höhe und dann die Fahrt durch die Straßen der Stadt waren atemberaubend und atemraubend zugleich. Und schließlich der Kolibri auf dem Avocado-Baum und die Ananas, die auf dem Boden wächst…
Die Reisegruppe
Die Delegationsreise war gewissermaßen ein „Update“ für die Partnerschaft des Erzbistums München und Freising mit Ecuador. Erzbischof Reinhard Kardinal Marx wurde begleitet vom Weltkirche-Referenten Sebastian Bugl, der Jugendseelsorgerin Johanna Gressung, Dekanatsratsvorsitzendem Armin Schalk, dem Landjugendpfarrer und erzbischöflichen Zeremoniar Thomas Belitzer und dem erzbischöflichen Referenten Dr. Johannes Lohwasser. Kaplan Robert Daiser absolvierte vor Jahren seinen Freiwilligendienst in Ecuador und hat mit seiner Erfahrung die Gruppe begleitet, ich durfte als Vertreter für das Kolpingwerk die Gruppe vervollständigen. Vor Ort wurden wir begleitet von Partnerschaftsreferenten Markus Linsler und seinen Mitarbeitern Dennis und Jaqueline.
Mission des Besuchs
Kardinal Marx betonte immer wieder, dass für eine Partnerschaft wichtig sei, sich zu begegnen und sich „in die Augen zu schauen“. Es sei an der Zeit, gemeinsame Projekte in den Blick zu nehmen und Bedürfnisse auf beiden Seiten zu klären, um gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Für mich zeigten sich viele Bereiche, die einen Austausch erfordern: zum Beispiel die politische Situation und der Aufbau einer demokratischen Struktur, die Rolle der Laien in der Kirche oder der verantwortungsvolle Umgang mit den Bodenschätzen und dem Regenwald im Amazonasbecken.
Begegnungen in Ecuador
Aufgrund der Präsenz des Münchner Erzbischofs standen Begegnungen mit Bischöfen im Vordergrund, auch deswegen, weil einige ecuadorianische Bischofsstühle neu besetzt worden waren. Die neuen Bischöfe sollten die Partnerschaft kennenlernen. So waren wir in den ersten Tagen zu Gast bei der Versammlung der Ecuadorianischen Bischofskonferenz in Quito mit einem festlichen Gottesdienst zum 150. Weihetag des Landes an das Heiligste Herz Jesu. Wir trafen die verschiedenen Vertreter der Bischofskonferenz, den deutschen Botschafter in Ecuador sowie den Apostolischen Nuntius. Wir waren in den Bischofshäusern von Santo Domingo und Latacunga zu Gast und besuchten die Diözese Esmeraldas. Wir nahmen an einem Pastoralbesuch in Pancaleo teil und trafen Vertreterinnen und Vertreter der Jugend, nahmen an einer Diskussion über die päpstlichen Schreiben „Laudato si“ und „Laudate deum“ an der Katholischen Universität Quito teil und wurden im Caritaszentrum Muisne sowie in einem Seniorenheim bei Esmeraldas herzlich empfangen.
Kolping in Ecuador
Ein Highlight war für mich das Treffen mit Kolping Ecuador in Quito. Geschäftsführerin Jeanette Calvachi Noboa führte mich durch die Casa Kolping mit Hotel und Kochschule, ich traf Vertreterinnen und Vertreter der Kolpingsfamilie Quito sowie den Nationalvorstand von Kolping Ecuador. Ich bekam einen Einblick in die Projekte und das Jugendprogramm von Kolping Ecuador und wurde reich beschenkt mit einem Poncho, lokalen Köstlichkeiten und einem schmackhaften Mittagessen. Die letzte Nacht vor dem Abflug verbrachten wir als Gruppe im Kolpinghotel, wo wir noch die angenehme Atmosphäre spüren durften – beim Abendessen und dem abendlichen Zusammensein auf der Dachterrasse.
Fragen bleiben
Viele Eindrücke bleiben von einem Land mit freundlichen Menschen, einer langen Geschichte und einer farbenfrohen Tradition. Wir haben mit Händen und Füßen kommuniziert, viele Menschen getroffen, zahlreiche Fotos geschossen. Wir haben gebetet und getanzt, gefeiert und gegessen, den Stolz der Menschen auf ihr Land erfahren. Und doch bleiben Fragen: Wie kann es sein, dass es in einem Land, das so sehr von der katholischen Kirche und vom christlichen Geist geprägt ist, so viel Korruption und Ausbeutung gibt? Warum hören so wenige Menschen den Schrei der indigenen Bevölkerung nach Schutz ihrer Lebensgrundlage? Warum gelangen die Menschen nicht zu einer politischen Struktur mit mehr Sicherheit? Welche Bedeutung könnte den Laien in Ecuador neben einer starken klerikalen Kirchenleitung zukommen? Welche Rolle kann ein Verband wie Kolping über die soziale Unterstützung und die Bildung hinaus noch spielen und was kann eine Partnerschaft heute auf beiden Seiten bewirken? Fragen, die ich gerne angehen möchte – auch mit unseren Gremien im Diözesanverband, mit der Arbeitsgruppe Eine Welt, der Kolpingjugend, dem Partnerschaftsrat des Erzbistums. Ich freue mich auf den Besuch der Ecuadorianer im Herbst bei uns in München – und kann mir gut vorstellen, bald auch eine Gruppe nach Ecuador zu begleiten, vielleicht auch mit Jugendlichen, die für ein solches Projekt empfänglich sind. Es bleibt spannend…