Barmherzigkeit: Nichts für Egoisten

25.08.2016 | Barmherzig - oder bist Du noch auf dem Egotrip?

Jugendarbeit und barmherziges Handeln - Passt das zusammen? JA, findet die Kolpingjugend im Diözesanverband München und Freising. Wie beides unter einen Hut zu bringen ist, haben Kolpingjugendliche in einem Schreibgespräch herausgearbeitet.

Konzentriert, ruhig und nachdenklich stehen die Kolpingjugendlichen im Alter zwischen 15 und 26 Jahren um einen langen Tisch. Über die Tischplatte ist eine mehrere Meter lange weiße Papiertischdecke gebreitet. "Jugendarbeit" und "Barmherzigkeit" ist darauf zu lesen. Ein Kreuz verbindet die beiden Worte.

Angeregt durch vier Workshops, die die Werke der Barmherzigkeit genauer beleuchteten, bringen ein paar Jugendliche ihre Gedanken rund um diese Begriffe auf das Papier. Manche in Stichpunkten, manche in ganzen Sätzen. Sie ergänzen die Überlegungen der anderen, indem sie Kommentare hinzufügen, sich gegenseitig bestätigen und ermutigen, nicht bei einer Idee stehenzubleiben, sondern noch einen Schritt weiterzugehen. Immer mehr Jugendliche greifen schließlich zu Stiften und beginnen, eifrig zu schreiben. Bis schließlich die Tischdecke einem großen modernen Gedicht ähnelt: ohne Reim, ohne Metrik, aber mit inhaltlicher Tiefe.

Innerhalb der Kirche und der Jugendarbeit wurde in den letzten Monaten viel über Barmherzigkeit gesprochen. Das Thema war, dank des Jahres der Barmherzigkeit, in aller Munde. Viele Aktionen dazu hat es gegeben, und in München hat sogar ein heartbeatz festival stattgefunden.

Was bleibt?

Viele nachhaltige Eindrücke, viel gutes Potenzial, um die Sache, nämlich das barmherzige Handeln, noch stärker innerhalb der Jugendarbeit zu betreiben, viel Zuversicht und eine Menge guter Vorsätze.

Was soll Jugendarbeit vermitteln? Hier ein paar Tischdecken-Notizen, die als Vorschläge gelten können:

"Werte - Hilfsbereitschaft - die Not des anderen erkennen und sich auch für dessen Glück freuen - keine Eifersucht - respektvoll auf gleicher Augenhöhe kommunizieren - sich selbst zurückstellen und trotzdem Raum für sich selber einfordern - Anerkennung und Würde vermitteln und auch vorleben - andere Blickwinkel einnehmen - Verständnis füreinander zeigen, ohne zu verhätscheln, miteinander offen reden - eigene Werte und Meinungen entwickeln, aber niemandem aufzwingen, kein Moralapostel sein - gesunder Egoismus als Voraussetzung, um für andere bewusst dasein zu können - aufeinander achtgeben - Tabuthemen behutsam ansprechen - Chancen geben - authentisch sein - zuhören - aufeinander zugehen - Gutmensch ist Ehrentitel, kein Schimpfwort - den ersten Schritt machen, Hände reichen, Hemmschwellen abbauen - eigenen Stolz überwinden - Eigenheit akzeptieren, aber auch Grenzen aufzeigen - als Team agieren - helfen - Leben ist mehr als Jugend und Arbeit: Amen."

Susanne Stimmer, Kolpingjugend DV München und Freising